Meine Urgroßeltern mütterlicherseits
Johann Louis Leiner
Mein Urgroßvater Johann Louis Leiner wird am 15. Februar 1875 in Stepponizken in Ostpreussen geboren und im 10 km entfernten Willkischken evangelisch getauft. Seine Mutter Marie Mathilde Frenzel, eine verwitwete Förster, bringt in die Ehe vier Kinder mit: Rudolph Frenzel und drei Söhne aus ihrer ersten Ehe mit einem Herrn Förster. Johann Louis bleibt das einzige gemeinsame Kind aus der zweiten Ehe mit Carl Johann Leiner. Dieser heiratet wohl auf den Hof ein, denn er wird erst 1882 nach dem Tod seiner Frau als Wirt und Grundbesitzer in Stepponizken, Kreis Tilsit bezeichnet.
Das erste Kind der Marie Mathilde Frenzel, – Rudolph Frenzel – ein Halbbruder von Louis, wurde um 1860 unehelich geboren. Er ist bei Louis´ Geburt bereits 15 Jahre alt und lebt vielleicht gar nicht mehr bei seiner Mutter. Rudolph stirbt 1896 in Tilsit.
Die Halbbrüder aus der ersten Ehe der Mutter sind
Otto Förster *14.08.1864 + 19.11.1913 in Tilsit
Gustav Förster *18.06.1865 + 04.11.1935 in Marienburg
Georg August Förster *19.04.1866 + 25.05.1911 in Tilsit
Als Louis 7 Jahre alt ist, – 1882 – stirbt seine Mutter. Die Brüder sind inzwischen 16, 17 und 18 Jahre alt. Sind sie noch im Hause? Was geschieht jetzt in dem väterlichen Haushalt? Wer versorgt den 7-jährigen Louis?
Zwei Jahre nach dem Tode der Mutter wird ein Mädchen geboren, dessen Mutter bzw. deren Eltern mir noch nicht bekannt sind.
Auguste Johanna Leiner, geboren am 9. 02. 1884 in Kulmen-Laugallen, Kreis Tilsit-Ragnit, Standesamt Piktupönen.
Lange Zeit habe ich gedacht, die Familie wäre umgezogen, aber inzwischen ist mir bekannt, dass nur der Ort „Stepponizken“ umbenannt bzw. eingemeindet wurde und zeitweise auch ganz von der Landkarte verschwand. Auguste wird auf dem Hof in Stepponizken geboren.
Dies ist einer von drei Wohnstellen in Stepponizken im Juli 2011. Ob genau hier mein Urgroßvater aufgewachsen ist?
Als Louis´ Vater Carl Johann Leiner 1885 stirbt, verlässt er als 10-jährige Vollwaise sein Elternhaus und geht zu seinem Halbbruder Gustav nach Danzig, der dort Polizist ist. Diese Tatsache wurde in der Familie immer ein bisschen geheimnisvoll weitererzählt. Gründe für seinen Auszug wurden nicht genannt.
1886 wird eine weitere Halbschwester in Stepponizken geboren
Emma Leiner 27. 03. 1886
Carl Johann Leiner ist beim Tod seiner ersten Frau erst 38 Jahre alt, er könnte also noch einmal geheiratet und die zwei Mädchen Auguste und Emma gezeugt haben. Ich habe aber noch keine zweite Heirat gefunden – was auch schwierig wäre, da die Kirchenbücher für Laugzargen und Willkischken nicht mehr existieren. Da Carl Johann Leiner 1885 stirbt, wachsen die Mädchen wahrscheinlich bei Georg August Förster auf. Vielleicht übernimmt er die Hofstelle und führt den Namen Leiner? Nach seiner Heirat mit Auguste Sziborr gibt es – zumindest kurzfristig – August und Auguste Leiner, die als „Eltern“ gesehen werden könnten. Aber das sind alles nur Vermutungen, die ich bisher nicht belegen kann.
Johann Louis Leiner führt eine Familienbibel und trägt die Geburts- und Heiratsdaten, z.T. auch die Sterbedaten seiner Eltern, Geschwister, Kinder und Enkelkinder ein. Er spricht von Brüdern und Schwestern. Die beiden Halbschwestern Johanna und Emma sterben laut Familienbibel am 18. August 1945 auf bzw. nach der Flucht, Emma in Potsdam und Auguste Johanne in ihrer Wohnung in Schafstedt, Schleswig-Holstein. Beim Tod der letzteren gibt der Ehemann Johann Christof Szereik die Eltern der Toten mit August und Auguste Leiner an, da der Geburtsname der Schwiegermutter ihm wohl unbekannt ist. Aber – es gab keinen August Leiner, nur einen August Förster mit seiner Frau Auguste Sziborr, die ab 1888 auch Kinder bekommen, deren Nachname „Förster“ ist.
Amanda Nathalie Hilbert
Meine Urgroßmutter Amanda Nathalie Hilbert kommt aus Westpreussen in der Nähe von Strasburg. Sie wird am 12. April 1879 als zweite Tochter von Regina Diebich, verheiratete Hilbert, und Michael Hilbert geboren und am 12. Juni in Strasburg, Westpreussen, getauft. Sie ist das dritte von neun Kindern, von denen acht das Erwachsenenalter erreichen. Amanda hat zwei Schwestern und fünf Brüder. Sie wächst in dem kleinen ländlichen Ort Lemberg auf. Der Vater ist Käthner und Tischler und hat den Status eines Einwohners.
Amanda verlässt – wie so viele junge Leute- als junges Mädchen ihr Elternhaus auf dem Lande, um in der Großstadt Danzig zu arbeiten.
Dort lernt sie auch ihren Mann kennen.
Am 24. November 1898 heiraten Johann Louis Leiner und Amanda Nathalie Hilbert. Sie ist 19 Jahre alt, arbeitet als Verkäuferin in Danzig und wohnt in der Breitgasse 34. Louis arbeitet zu diesem Zeitpunkt als Former, wahrscheinlich auf der Schichau-Werft. Er ist 24 und wohnt Am Stein 16.
Trauzeugen der standesamtlichen Trauung sind ein 31-jähriger Former Georg Märtsching, wohnhaft zu Hochstriess und der Restaurator Gottfried Nowakowski, 54 Jahre alt, der auch Am Stein 16 in Danzig wohnt.
Das Paar Leiner bleibt in Danzig und bekommt sieben Kinder, von denen zwei gleich nach der Geburt sterben.
Kind Leiner ???
Sohn Leiner *28. 11. 1899
Elfriede Amanda Leiner *05. 03. 1901
Erich Karl Leiner *15. 07. 1902
Otto Louis Leiner *09. 07. 1903
Lisbeth Gertrud Leiner *21. 07. 1907
Fritz Ewald Leiner * 19. 04. 1910
1914 bricht der erste Weltkrieg aus, aber Louis als damals hochspezialisierter Facharbeiter auf der kaiserlichen Werft muss wohl keinen Soldatendienst leisten. Er scheint als Former auch gut verdient zu haben. Zumindest von den beiden ältesten Kindern weiß ich, dass sie eine umfassende musikalische Ausbildung genossen haben. Bis ins hohe Alter spielten beide Violine und machten im privaten Kreis Kammermusik. Louis geht auch mit seiner Tochter Elfriede in Danzig ins Theater und in Konzerte, wie sie selbst stolz erzählte. Fritz schreibt Gedichte und zeichnet sehr gut. Erich befasst sich später ausgiebig mit Photographie. Es gibt reichlich Aufnahmen in der Familie, die er gemacht und verteilt hat.
1917 wird dieses Familienphoto im Atelier Aloys Arke, Am Kohlenmarkt 12 in Danzig aufgenommen. Es gibt noch mehrere solcher Atelierphotos. Die Familie – sicherlich in ihrem Sonntagsstaat – sieht sehr gepflegt aus. Solche Aufnahmen waren damals „modern“, aber man musste sie sich ja auch leisten können.
Meine Urgroßeltern habe ich noch gekannt. Ich war etwa 10 Jahre alt, als sie starben. Ganz links sitzt meine Großmutter Elfriede und schräg hinter ihr steht Erich. Otto und Fritz sind vor meiner Geburt gestorben und ich kenne sie nur aus den Erzählungen meiner Großmutter. Meine „Tante“ Lisbeth ist erst Ende 2011 verstorben. Sie wurde 104 Jahre alt.
Bis 1920 etwa lebt die Familie in Danzig wahrscheinlich in der Jungstädtischen Gasse 6, Ecke Holzraum. Aus dieser Zeit existieren Postkarten von Familienangehörigen und Einträge im Poesiealbum der Tochter Elfriede. Am 18. Dezember 1919 gibt es noch einen Eintrag in Danzig.
Louis Leiner arbeitet in Danzig als Former auf der Schichau-Werft. Die Familie zieht Ende 1913 vor dem Einmarsch der Polen zunächst für etwa ein Jahr nach Kiel, kommt nach Danzig zurück und zieht 1920 endgültig nach Wilhelmshaven. Louis arbeitet in allen drei Städten auf der Schichau-Werft und ist von Beruf „Marine-Oberwerkmeister der kaiserlichen Werft“.
In Wilhelmshaven lebt die Familie in der Goethestraße 10, damals das Ende der Straße an einem Grüngelände. In diesem Haus befand sich die Toilette noch auf halber Treppe. Man trat auf eine Art Balkon hinaus und dann waren rechts und links je eine Toilettentür.
In der geräumigen Wohnstube traf sich oft die ganze Familie:
Amanda und Louis mit ihren verheirateten Kindern und den ersten Enkeln
Elfriede mit ihrem Mann Willi Sturhahn und den Kindern Ruth und Rolf
Erich mit seiner Frau Mariechen, geb. Janssen
Otto mit seiner Frau Anny, geb. De Vries
Lisbeth mit ihrem Mann August Beyer und Sohn Jürgen mit Ball
Fritz mit seiner Frau Hannchen, geborene Beyer und Schwester von August
Helene Margarete Janssen, genannt „Oma Meinke“, die Ziehmutter von Willi Sturhahn mit Ruth im Arm.
Zu Beginn des zweiten Weltkrieges ist Louis bereits 60 Jahre alt und seit 4 Jahren nach einer schweren Magenoperation Rentner. So bleibt ihm auch jetzt das Leben als Soldat erspart, aber seine drei Söhne müssen an die Front und ab Januar 1945 wird der Sohn Otto Louis bei Breslau vermisst. 1947 stirbt Sohn Fritz Ewald 37-jährig im Kloster Blankenburg bei Oldenburg an einer Tuberkulose. Beide hinterlassen Frau und Kinder. Von Amanda wird erzählt, dass sie eines Tages zu ihrer Tochter Elfriede kommt und sagt: „Es ist etwas passiert. Mein Kristallteller ist gesprungen!“ Später an dem Tag erhält sie die Nachricht vom Tod des Sohnes Fritz.
In der Kirchreihe in Wilhelmshaven hat der Sohn Erich einen Kleingarten, in dem Louis gerne arbeitet. Auch das ist ein Treffpunkt der Familie und Amanda kocht dann für alle.
Etwa 1942/43 fahren Amanda und Louis noch einmal durch ihre alte Heimat und besuchen Verwandte. In Danzig lebt Familie Maaser, in Goßlershausen leben Amandas Bruder Arthur und Ernst Templin.
1944 ist Wilhelmshaven so stark durch Bomben zerstört, dass Amanda und Louis Leiner zu Ihrer Tochter Elfriede, verheiratete Sturhahn, nach Bockhorn ziehen. Sie leben oben in dem kleinen Ein-Familienhaus in einem Zimmer und es gibt viele Streitereien. Sie sind froh, als sie in das mittlere der drei Holzhäuser ziehen können, die die Firma Logemann für ihre Arbeiter gebaut hat. Louis arbeitet derzeit bei der Holzfirma als Wärter.
Der Enkel Jürgen erinnert sich noch gut an das kleine Behelfsheim, das nur aus Küche und Schlafzimmer bestand. „Die Küche war im Winter gut warm durch den Ofen – Brennhexe genannt-, denn Opa hatte stets Feuerholz im Stall. Wasser kam aus der Pumpe, einer Flügelpumpe in der Küche. Das Plumpsklo war im Stall. Am Haus hatte Opa einen Gemüsegarten und ich meine, er hatte auch an der heutigen Bundesstraße ein Stück Land, der heutigen Kochstraße gegenüber.
Im Behelfsheim feierten Oma und Opa auch ihre Goldene Hochzeit. Sohn Erich und zwei Schwiegersöhne verbrachten die Nacht mit Kartenspielen, denn es gab nicht genügend Betten in dem kleinen Heim.
Oma und Opa Leiner haben mit der Wohnung in Wilhelmshaven alles verloren. Ich glaube, sie lebten zufrieden, aber auch sehr bescheiden.“
Da Wilhelmshaven stark zerbombt ist, können die beiden nur dorthin zurück, indem sie in ein Altenheim ziehen. Sie leben dann in zwei kleinen Zimmern in Heppens in der Bismarkstraße.
Dort im Altenheim habe ich sie noch besucht und erinnere mich an meinen Uropa als einen kleinen, zart gebauten Mann, der in dunklem Zeug und mit einer Brille oder einem Zwicker im Gesicht auf mich immer sehr streng und unzugänglich wirkte. Der Altersunterschied war aber auch sehr groß, ich war etwa 5 und er 79 Jahre alt.
Ich erinnere mich an Schafgarbe auf ausgelegten Zeitungen auf dem Fußboden. Amanda trocknete sie in einem der kleinen Zimmer, um daraus einen Gesundheitstee zuzubereiten.
Für uns Kinder war die Bonbonniere aus kobaltblauem Glas besonders faszinierend, nicht nur, weil sie Süßes enthielt, sondern weil sie so wertvoll und elegant wie aus früheren Zeiten wirkte.
Johann Louis Leiner stirbt am 12. August 1958 im Alter von 83 ½ Jahren in Heppens, Wilhelmshaven, seine Frau Amanda Nathalie genau 6 Monate später am 12. Februar 1959 kurz vor ihrem 80. Geburtstag. Beide sind auf dem Heppenser Friedhof begraben.
Klasse. Es liest sich sehr gut, so kommt Leben in trockene Daten 🙂
Ich habe vor einigen Jahren ähnliches über meine Eltern erstellt.
Ich finde auch, dass sich die Seite sehr gut liest und äußerst informativ ist. Es ist doch sehr spannend etwas über meine Familie mütterlicherseits zu erfahren, insbesondere da ich meinen Großvater nie kennengelernt habe. Danke dafür!!!
Hallo, liebe Anneliese, jetzt endlich habe ich mir auch einmal alles angeguckt. Die Bilder habe ich schon auf dem 85. Geb.tag meiner Tante Magda gesehen. Mein Cousin hatte sie ausgedruckt. Alle waren sehr interessiert und fanden es spannend, ihre Tante Anny im Internet zu finden. Und die Ähnlichkeit unseres Ralfs mit seinem Großvater, den er ja leider gar nicht kennen gelernt hat, fiel allen sofort auf. Danke, hast Du toll gemacht. Liebe Grüße aus Wilhelmshaven
Thank you for a very interesting read. I am researching my Maaser family tree, and I hope that you might have some more information about them. If so would you be happy to share this with me? I live in Australia and would very much like to hear from you.
regards Ute Szabo (nee Maaser)
Hello Ute,
I´m sorry, but I don´t have more Informations about the Maaser/Maser Family.
Do you know, where they come from?
If it is “Westpreussen”, please try to find persons in
http://www.westpreussen.de
It´s the best “Datenbank” for this area.
regards Anneliese
Thank you for this page. Amanda Hilbert is my 3rd cousin, 4 times removed.